Familienfreundlichkeit im Unternehmen zahlt sich aus – das haben mittlerweile nicht nur Studien bewiesen, auch die Resonanz auf Superheldin Jobs zeigt: Berufs- und Familienleben zu verbinden ist für die meisten Eltern ein wichtiges Kriterium bei der Jobsuche. Dennoch stoßen viele Unternehmen bei der Umsetzung an ihre Grenzen. Immer noch klafft die Meinung über die Familienfreundlichkeit in Unternehmen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern weit auseinander. Während sich fast die Hälfte aller Unternehmen als familienfreundlich erachten, teilen diese Meinung nur ein Viertel der Beschäftigten. Unternehmen gelingt es nur unzureichend, die Forderungen der Beschäftigten zu deren Zufriedenheit zu erfüllen.
Die Auseinandersetzung mit diesem Problem lohnt sich jedoch für jedes Unternehmen, denn Mitarbeiter in familienfreundlichen Unternehmen sind zufriedener als Arbeitnehmer in weniger familienfreundlichen Betrieben – und zufriedene Beschäftigte bedeuten gute Arbeit. Zudem lässt sich mit einer besseren Vereinbarkeit dem Fachkräftemangel entgegen wirken: Beispielsweise kehren Eltern früher zu familienfreundlichen Unternehmen zurück und viele Mütter, die nicht arbeiten, würden gerne zurück ins Berufsleben – aber eben nur in einem Unternehmen in dem sie Verständnis für ihr Familienleben erfahren.
Wie schafft man es also nun als Arbeitgeber die Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit zur Zufriedenheit der Mitarbeiter umzusetzen und somit langfristig die Unternehmenskultur zu verbessern?
Dieser Wandel findet nicht von heute auf morgen statt, sondern ist ein Prozess, der von allen Ebenen unterstützt werden muss. Jeder Mitarbeiter muss berücksichtigt, alle Möglichkeiten abgewogen werden. Das klingt erstmal nach einer langwierigen Umstellung, doch der erste Schritt zum familienfreundlichen Unternehmen beginnt im Kopf. Erst dann können alle anderen Schritte auch wirklich funktionieren.
Schritt 1: Familienfreundlichkeit beginnt im Kopf
Mittlerweile werben immer mehr Unternehmen mit Familienfreundlichkeit und Flexibilität. Oft beklagen Mütter und Väter jedoch, dass es sich dabei um leere Versprechungen handelt. Es gibt zwar Angebote für eine bessere Vereinbarkeit, diese werden aber oft nicht von den Führungskräften unterstützt. Der erste Schritt zum familienfreundlichen Unternehmen beginnt mit der Einstellung. Das Unternehmen muss hinter ihren Angeboten und jedem einzelnen Mitarbeiter stehen. Individuelle Situationen der Mitarbeiter müssen verstanden und darauf eingegangen werden. Die Beschäftigten nehmen ein Unternehmen in verschiedenen Dimensionen von Vereinbarkeit um bis zu 60 Prozentpunkte familienfreundlicher wahr, wenn das Management als Förderer und Unterstützer der Sache agiert. Förderung und Unterstützung meint konkret Verständnis, Toleranz und Flexibilität. Diese Punkte sind Kopfsache und können in jedem Unternehmen ohne Kosten geändert werden!
Schritt 2: Stellenausschreibungen an verschiedene Zielgruppen anpassen
Natürlich ist eine Vollzeitkraft sehr rentabel – viele Stunden und so gut wie immer erreichbar. Eltern können das Pensum einer Vollzeitstelle oft gar nicht oder nicht während der Geschäftszeiten leisten. Schreibt ein Unternehmen also nur Stellenausschreibungen in Vollzeit aus, fallen einige Gruppen qualifizierter Arbeitnehmer automatisch raus, auch wenn das vom Unternehmen vielleicht gar nicht beabsichtigt wird. Um die Familienfreundlichkeit im Unternehmen auch nach Außen zu zeigen, sollten offene Stellen generell in mehreren Zeitmodellen ausgeschrieben werden. Denn tatsächlich können die meisten Arbeitsstellen auch in Teilzeit oder in Job Sharing/Tandem erfüllt werden. Wenn die Stellenausschreibungen also an alle Zielgruppen angepasst werden, zeigt das Unternehmen, dass es bereit ist Eltern einzustellen und bei Zeit- und Aufgabenverteilung flexibel ist.
Schritt 3: Flexibilität in allen Unternehmensbereichen
Das Flexibilität ein wichtiges Thema ist, sieht man bereits in den ersten beiden Schritten. Flexibilität ist besonders bei den Arbeitszeiten wichtig. Der erste Schritt hierbei sind unterschiedliche Arbeitszeitmodelle, wie zum Beispiel Teilzeit, flexible Vollzeit, Tandem/Jobsharing, Homeoffice oder Gleitzeit. Eltern können ihr Familienleben durch diese flexiblen Arbeitszeiten besser mit dem Beruf verbinden. Des Weiteren ist jedoch auch wichtig, dass bei den Arbeitszeiten auch abseits der vertraglich geregelten Arbeitszeit jeder Arbeitnehmer einzeln betrachtet wird und individuelle Situationen verstanden werden. Das bedeutet, Verständnis zeigen, wenn Kinder krank sind oder wenn besondere Familiensituationen bestehen (Beeinträchtigte Kinder, Alleinerziehende, Pflege von Angehörigen). Auch eine unproblematische Änderung der Arbeitszeiten kommt Eltern entgegen – beispielweise von Teilzeit auf Vollzeit, wenn die Kinder älter werden.
Schritt 4: Vereinbarkeit auch für Väter
Die meisten sehen Vereinbarkeit als ein Thema der Mütter. Zu einer Familie gehören aber fast immer zwei Elternteile, die sich um die Kinder kümmern müssen. Auch wenn es in Deutschland mittlerweile 2,6 Millionen Alleinerziehende gibt, von denen in neun von zehn Fällen die Mutter mit den Kindern zusammenlebt.
Eltern, die weiterhin in einer Beziehung sind, wünschen sich heutzutage eine partnerschaftliche Aufteilung von Familie und Beruf. Dieser Trend setzt sich auch in der Jugend – also bei den zukünftigen Eltern – fort. Diese gleichberechtigte Aufteilung ist nur möglich, wenn entsprechende Vereinbarkeitsangebote auch für Väter existieren, die automatisch auch die Mütter entlasten. Ein familienfreundliches Unternehmen muss akzeptieren, dass auch ein Vater sich um sein krankes Kind kümmert oder für die Familie bei der Arbeitszeit kürzertreten möchte. Angebote für eine bessere Vereinbarkeit müssen eben so für Väter geöffnet werden und dies muss auch offen kommuniziert werden.
Schritt 5: Digitalisierung für eine bessere Vereinbarkeit
Eltern haben oft einen Nachteil, wenn sie nur vormittags im Büro sind, denn sobald sie zuhause sind, haben sie keinen Zugriff mehr auf wichtige Dokumente, die sie zum Arbeiten benötigen. Bietet das Unternehmen jedoch webbasierte Tools an, die ermöglichen, dass auch am Abend noch Zugriff auf notwendige Arbeitsdokumente besteht, können Eltern freie Zeit am Abend, wenn die Kinder im Bett sind, nutzen und weiterarbeiten. Oder auch wenn Kinder krank sind einfach von zuhause arbeiten. Die Digitalisierung schafft Raum für mehr Vereinbarkeit und ermöglicht eine Einbindung in Arbeitsprozesse von freigewählten Standorten. Ideal also für mehr Familienfreundlichkeit!
Schritt 6: Einrichtung von Home-Office & Equipment zum mobilen Arbeiten
Home-Office und zusätzliche Geräte zum ortsunabhängigen Arbeiten ermöglichen Eltern von zuhause aus zu arbeiten, um sich Anfahrtswege zu sparen, außerhalb der Geschäftszeiten oder im Notfall noch etwas erledigen zu können. Wenn das Unternehmen die Digitalisierung vorantreibt, kann ein Arbeitnehmer alle wichtigen Aufgaben von zuhause erfüllen und an Telefonkonferenzen und Meetings teilnehmen ohne persönlich vor Ort sein zu müssen. Home-Office stellt also eine große Erleichterung für Mütter und Väter da, besonders wenn die Kinder noch kleiner sind oder auch im Krankheitsfall.
Schritt 7: Familienfreundliche Meetingkultur
Am Vormittag ist es den meisten Eltern möglich im Büro zu sein – die Kinder sind im Kindergarten oder in der Schule. Werden Meetings in diesen Zeitraum gelegt, können alle Arbeitnehmer, ob mit oder ohne Kinder, an diesen teilnehmen. Jeder Arbeitnehmer und dessen persönliches Zeitfenster sollte beachtet werden. Für Arbeitnehmer mit Familienverpflichtungen bedeutet dies: Keine Meetings nach 15 Uhr. In Fällen, wo dies nicht möglich ist, ist digitales Arbeiten wichtig. Denn so ist es auch Eltern am Nachmittag noch möglich sich in ein Meeting einzuschalten.
Schritt 8: Dem Privatleben Raum lassen
Auch wenn durch die Digitalisierung und der Möglichkeit von Home-Office eine ständige Erreichbarkeit des Arbeitnehmers möglich wäre, sollte ein familienfreundliches Unternehmen beachten, dass Eltern ebenso Raum für ihr Privatleben benötigen. Denn je zufriedener Arbeitnehmer mit ihrem Familienleben sind, umso zufriedener sind sie auch mit ihrer Arbeit. Des Weiteren bedeutet Vereinbarkeit nicht, dass der Beruf neben der Familie möglich ist und man nur die nötigsten Aufgaben im Familienleben übernimmt – es bedeutet, dass Eltern aktiv am Familienleben teilnehmen und auch Fürsorgearbeit leisten können.
Schritt 9: Das individuelle Gespräch zu den Mitarbeitern suchen
Um herauszufinden, wie sich das Unternehmen nach innen und außen familienfreundlich präsentieren kann, müssen Führungskräfte offen das Gespräch zu ihren Mitarbeitern suchen. Durch diese Gespräche lassen sich die Bedürfnisse und Wünsche ermitteln und zum Beispiel individuelle Arbeitsmodelle vereinbaren. Des Weiteren fühlen sich Mitarbeiter auf diese Weise verstanden und unterstützt. Ein wichtiger Punkt für die Familienfreundlichkeit.
Es ist entscheidend, dass sich das Unternehmen nicht in der Umsetzung von Familienfreundlichkeit verfängt, sondern auch andere Baustellen weiterhin angeht. Familienfreundlichkeit ist ein wichtiger Bestandteil für Diversität in der Unternehmenskultur, aber in einem Betrieb arbeiten nun mal nicht nur Eltern. Deshalb sollten auch kinderlose Mitarbeiter alle Möglichkeiten bekommen ihr Privatleben ohne Probleme mit dem Job vereinbaren zu können. Möglicher Neid lässt sich so gut vermeiden und eine bessere Work-Life-Balance wird garantiert, was besonders von Vorteil ist, wenn man einen Blick auf die zukünftige Generation wirft.
Schritt 10: Familienunterstützende Benefits
In Deutschland fehlen laut Experten rund 300.000 Kitaplätze und 660.000 Hortplätze. Eine Tatsache, die viele Eltern daran hindert wie geplant in den Job zurückzukehren. Deshalb tun Unternehmen mit einer betrieblichen Betreuung nicht nur ihren Mitarbeitern einen Gefallen, sondern indirekt auch sich selbst. Sind die Kinder gut betreut, sind auch die Mütter eher bereit wieder mehr Stunden zu arbeiten.
Auch Eltern-Kind-Büros für Betreuungsnotfälle, eine vom Unternehmen organisierte Ferienbetreuung und allgemeine finanzielle Benefits für Familien stärken Müttern und Vätern den Rücken und tragen erheblich zur Mitarbeiterloyalität und einer erfolgreichen Vereinbarkeit bei.
Fazit:
Schon wenige „einfache“ Schritte reichen aus, um die Unternehmenskultur langfristig zu verbessern und zu stärken. Der wichtigste Punkt ist sicher das Mindset: Wenn sich das Unternehmen wirklich familienfreundlich aufstellen möchte, schafft es das auch, wenn alle an einem Strang ziehen und Neuem gegenüber offen sind.